Homeoffice-Blues –
Märchen oder Wahrheit?

Psychologen warnen schon lange vor den Gefahren von übermäßigem Homeoffice für die Gesundheit.


26.06.2024 - Katja Feuerstein -8 MinutenRichtig führen

Auf Tik Tok ist die „Homeoffice-Depression“ en vogue. Faktor A hat mit einem Psychologen über das Phänomen gesprochen und Tipps gegen den Blues gesammelt.

Was bei einigen Begeisterungsstürme auslöst, wird für andere zur Qual: Das Homeoffice scheidet die Geister. Besonders Beschäftigte, die dauerhaft von zuhause aus arbeiten, kann der sogenannte Homeoffice-Blues treffen. Aber auch die, die weniger oft remote arbeiten, sind davor nicht sicher. Da mobiles Arbeiten heute in vielen Branchen zum guten Ton gehört, kommen Unternehmen nicht mehr umhin, sich auch mit den Gefahren und Folgen von Telearbeit auseinanderzusetzen. Doch was können Arbeitgeber tun, um das Wohlbefinden und die Gesundheit Ihrer Remote-Worker zu unterstützen?


Generation Homeoffice – produktive Einsamkeit

Eine Frau im Schlafanzug arbeitet im Homeoffice an ihrem Laptop.
Foto: Im Homeoffice ist die Versuchung groß, einfach im Bett zu bleiben, @Adobe Stock/Krakenimages.com

Aufstehen, Wecker aus, Klappe auf, Laptop an, Arbeiten, Laptop aus, Klappe zu, Wecker an – und zurück ins Bett: Im Homeoffice finden sich viele in einem Kreislauf wieder, der jeden Tag von Neuem beginnt. Gerade junge Menschen teilen ihre Erfahrungen auf Social Media und berichten von einem Gefühl der Isolation, Einsamkeit und Abstumpfung.

Zitat:

„Gott weiß, wie lange ich mich schon unmittelbar nach dem Aufstehen direkt an den Laptop setze. (…).“

Ein prominentes Beispiel ist Grace Phelan (alias graceaamelia), deren Video auf Tik Tok viral ging. Darin beschreibt sie, wie sie der monotone Alltag im eigenen Zuhause in einen Teufelskreis führte:

Zitat:

„An einem guten Tag gehe ich immerhin zum Training ins Fitnessstudio, lege mich danach aufs Sofa und schaue Fernsehen. Und dann stecke ich doch wieder in meiner Tik-Tok-Timeline fest, gehe ins Bett und der nächste Tag sieht genauso aus.“

Dieser eintönige Alltag habe bei ihr einen mentalen Zusammenbruch ausgelöst, völlig überwältigt von dem Gefühl, so nicht weiterleben zu können und in einer Sackgasse festzustecken. Schon zuvor hatte die Tik-Tokerin Bemsiee gepostet: „Sobald mein Wecker um neun Uhr losgeht, schnappe ich mir den Laptop und arbeite zwei Stunden lang vom Bett aus, bevor ich überhaupt aufstehe.“ Diese Freiheit werde für sie schnell zur Falle, wenn Social Media sie plötzlich ablenke oder nach Feierabend lange wachhalte. Auch ihr fehle später die Kraft, sich mit anderen zu treffen. Beide trafen einen Nerv: Es hagelte Zuspruch wie Kritik. Homeoffice-Depression? Drehen die Jungen jetzt ganz durch? Ist das der nächste Social-Media-Hype in der ohnehin aufgeheizten Debatte um die Generation Z (kurz: GenZ)?

Homeoffice – ein unterschätztes Gesundheitsrisiko

So einfach ist es nicht. Die anfängliche Euphorie kann schnell umschlagen. Plötzlich vermisst man selbst das tägliche Gequatsche, das einen vorher im Büro immer genervt hat. Mittags stochert man allein in seinem Essen herum, anstatt sich in der Kantine über den neuesten Klatsch zu unterhalten. Und an der heimischen Kaffeebar wartet auch niemand.

Zitat:

Den ganzen Tag im Bett arbeiten? Eine große Falle für die mentale Gesundheit!

Psychologen warnen schon lange vor den Risiken und Gefahren von Homeoffice. Auf Dauer ist es eine psychische Herausforderung für Beschäftigte. Besonders Extrovertierte leiden unter dem fehlenden persönlichen Kontakt. Aber auch Introvertierten kann daheim die Decke auf den Kopf fallen. Wenn die Balance fehlt und die Grenzen zwischen Privatleben und Job verschwimmen, kann das negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben, von Schlafstörungen über mentale Erschöpfung bis hin zu Angst, sinkender Leistungsfähigkeit und Burnout. Dazu kommen körperliche Beschwerden.

Gesund bleiben im Homeoffice

Wie gesundes Arbeiten im Homeoffice funktionieren kann und welche Probleme in der Praxis lauern, erklärt Aldo Palkovich im Interview. Zudem haben wir acht Anti-Blues-Tipps für Sie!

 

Wichtig:Tipp:Das sagt der Psychologe

Faktor A: Herr Palkovich, Sie sind Psychologe im Berufspsychologischen Service der Bundesagentur für Arbeit  in Nürnberg. Was genau macht das Homeoffice mit uns?

Aldo Palkovich: Allen voran sorgt das Thema für eine spannende Diskussion – und das hat auch gute Gründe. Homeoffice hat seine Vorzüge, unbestritten. Man denke dabei zum Beispiel nur an das Ausbleiben von Pendelzeiten. Gleichzeitig kann die fehlende räumliche Trennung von Arbeit und Privatleben aber dazu führen, dass sich Arbeitnehmende stärker beansprucht fühlen und weniger Möglichkeiten zur Erholung haben. Außerdem berichten Beschäftigte in empirischen Studien davon, dass sie sich im Homeoffice mitunter einsamer fühlen. Als weitere Probleme nennen sie beispielsweise hohen Zeitdruck, unklare Arbeitsanforderungen, mangelnde Autonomie und eine unzureichende Kommunikation mit Kolleginnen und Kollegen sowie Vorgesetzten.

Faktor A: Der „Homeoffice-Blues“ ist also keine Fiktion. Telearbeit, mobiles und hybrides Arbeiten sind heute für viele Betriebe und Beschäftigte nicht mehr aus ihrem Arbeitsalltag wegzudenken. Was bedeutet das für uns?

Aldo Palkovich: Sicher ist, das Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Und nun liegt es an uns, einen guten Umgang damit zu finden. Nur so kann der Aufbau von Resilienz gegenüber Belastungsfaktoren der digitalen Arbeit gelingen.

Faktor A: Seit der Coronapandemie hat sich das Homeoffice in Deutschland in vielen Unternehmen etabliert. Laut Statistischem Bundesamt war 2022 fast jeder vierte Erwerbstätige in Deutschland zumindest gelegentlich im Homeoffice. Gegenüber dem Vor-Corona-Niveau hat sich der Anteil nahezu verdoppelt. Welche Chancen ergeben sich dadurch?

Aldo Palkovich: Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass ortsflexibles Arbeiten (z. B. Homeoffice) eine positive Wirkung auf die Arbeitszufriedenheit, Produktivität und Arbeitgeberattraktivität haben kann.

Faktor A: Mit welchen Problemen sehen sich Unternehmen konfrontiert?

Aldo Palkovich ist Psychologe beim Berufspsychologischen Service der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg
Foto: Aldo Palkovich sieht beim Homeoffice auch die Arbeitgeber in der Pflicht, @Aldo Palkovich

Aldo Palkovich: Es gibt empirische Hinweise darauf, dass virtuelles Arbeiten die Identifikation mit dem Unternehmen reduzieren und den Aufbau und die Aufrechterhaltung von Vertrauen zwischen Beschäftigten erschweren kann. Ursache hierfür ist die damit einhergehende Distanz zwischen Beschäftigten und Arbeitgeber. Das kann mittelfristig die Bindung ans Unternehmen reduzieren, da beim mobilen Arbeiten nur wenige Identifikationsmomente und ein reduziertes Teamgefüge bestehen. Langfristig kann das zu steigender Fluktuation in der Belegschaft führen.

Faktor A: Ist Homeoffice denn per se schlecht für unsere (psychische) Gesundheit?

Aldo Palkovich: Es ermöglicht den Beschäftigten u. a. mehr Einfluss auf ihre individuelle (Arbeits-)Zeitgestaltung und dadurch ein Mehr an Flexibilität – und das ist gut so.

Faktor A: Aber?

Aldo Palkovich: Kein Licht ohne Schatten: Dieses „neue Normal“ birgt die Gefahr einer entgrenzten Arbeitszeit, etwa durch mehr Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit, im Krankenstand und bei der Arbeit am Abend oder gar in der Nacht.

Faktor A: Mit welchen Folgen?

Aldo Palkovich: Das hat u. a. starken Einfluss auf unsere Erholung: Pausen- und Ruhezeiten werden öfters eingeschränkt, wodurch Beschäftigte langfristig schlechter von der Arbeit abschalten können. Dadurch werden jedoch Ressourcen nicht wieder aufgefüllt, sodass körperliche und unter Umständen auch psychische Folgen auftreten können.

Faktor A: Welche typischen Stolperfallen im Bereich Arbeitssicherheit beim Mobilen Arbeiten sollten Arbeitgeber unbedingt beachten?

Aldo Palkovich: Aus psychologischer Sicht sollte ein Homeoffice-Arbeitsplatz idealerweise so eingerichtet sein wie ein Bildschirmarbeitsplatz im Betrieb, um ungünstigen Arbeitsbedingungen frühzeitig entgegenzuwirken. In Bezug auf die betriebliche Gefährdungsbeurteilung muss mobile Arbeit berücksichtigt werden, da die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gemäß Arbeitsschutzgesetz auch für mobile Beschäftigte gilt.

Faktor A: Schon seit 1996 schreibt das Arbeitsschutzgesetz beispielsweise vor, dass jedes Unternehmen eine Gefährdungsbeurteilung durchführen muss, die sowohl die körperlichen als auch die seelischen Belastungen bewertet. Dabei ist also auch die Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastung von Beschäftigten Pflicht. Wie können Führungskräfte diese beim mobilen Arbeiten überhaupt erfassen?

Aldo Palkovich: Wesentlich für die Gefährdungsbeurteilung ist der Blick auf die Faktoren, auf die ein Unternehmen bei Mobilarbeit im Homeoffice auch tatsächlich Einfluss hat. Neben technischen Fragen zählen dazu unter anderem Fragen zur Arbeitsorganisation (z. B. Bereitstellung von Arbeitslaptops) oder zur Arbeitszeit (z. B. Gefahr der Entgrenzung der Arbeitszeit).

Faktor A: Was heißt das genau?

Aldo Palkovich: Konkret bedeutet das, dass Arbeitgeber sich fragen müssen, wie sie im Homeoffice z. B. adäquate Austauschmöglichkeiten zwischen Kolleginnen und Kollegen schaffen oder die Abstimmung von Erreichbarkeitszeiten mit der Führungskraft und dem Team gestalten. Außerdem müssen die Ziele und Erwartungen an die Arbeit im Homeoffice genau geklärt und festgehalten werden. Auch die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf sowie Möglichkeiten zur Selbstorganisation im Homeoffice sollten mitgedacht werden.

Faktor A: Vereinsamung, Suchtgefahr, Erschöpfung und Verwahrlosung sind nur einige der möglichen Kehrseiten bei der Arbeit von zuhause. Wie können Arbeitgeber bzw. Führungskräfte Probleme im Homeoffice aus der Ferne erkennen?

Aldo Palkovich: Sie sollten Ihr Augenmerk auf scheinbar unerklärliche Veränderungen richten.

Faktor A: Was sind mögliche Warnsignale?

Aldo Palkovich: Wenn Leistungen plötzlich auffällig absinken, Kurzerkrankungen oder Verspätungen ohne erkennbaren Hintergrund zunehmen, sollten Arbeitgeber hellhörig werden. Weitere Hinweise können große Vergesslichkeit oder Veränderungen im Sozialverhalten sein, also, wenn jemand untypischerweise den Kontakt zum Kollegium oder Vorgesetzten meidet. Auch, wenn scheinbar grundlos übersteigerte Reaktionen vorkommen, ist höchste Aufmerksamkeit geboten. Ist jemand niedergeschlagen, in sich versunken oder besonders angespannt und unruhig? All das können Anzeichen dafür sein, dass etwas nicht stimmt.

Faktor A: Wahrnehmen ist das Eine. Wie können Führungskräfte konkret gegensteuern?

Aldo Palkovich: Wichtig ist es, dass die Führungskraft den betreffenden Mitarbeitenden so früh wie möglich auf die wahrgenommenen Veränderungen anspricht. Das sollte selbstverständlich in einem vertraulichen Rahmen geschehen und inhaltlich gut vorbereitet sein. Einen Beispiel-Leitfaden im Umgang mit psychisch belasteten Beschäftigten bietet das sogenannte H-I-L-F-E-Konzept, dass der BKK Dachverband (Interessenverband der Betriebskrankenkassen) gemeinsam mit der Familien-Selbsthilfe Psychiatrie entwickelt hat. H-I-L-F-E steht hier für Hinsehen, Initiative ergreifen, Leitungsfunktion wahrnehmen, Führungsverantwortung: Fördern – Fordern und Expertinnen bzw. Experten hinzuziehen.

Faktor A: Was können Unternehmen generell tun, um die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden im Homeoffice zu erhalten?

Aldo Palkovich: Zur Bewältigung von digitaler Arbeitsbelastung stehen aus psychologischer Sicht diverse Mittel und Methoden zur Verfügung, die im Idealfall kombiniert und verstetigt werden. Der Lehrstuhl für Digitales Management der Universität Hohenheim empfiehlt etwa folgende drei: Erstens problemorientierte Bewältigungsmaßnahmen, um die auslösenden Belastungsfaktoren zu reduzieren (bspw. durch Klärung, ob der Skype-Chat für die Übermittlung von Arbeitsaufträgen genutzt wird oder ob Arbeitsauftrage weiterhin über E-Mail zu verschicken sind). Zweitens emotionsorientierte Bewältigungsmaßnahmen, um die Folgen digitaler Belastungen zu mildern (z. B. trainieren, dass man bei eingehenden Benachrichtigungen nicht gleich dem Lesedrang nachgibt). Drittens präventive Maßnahmen zur Stärkung und Steigerung der individuellen Ressourcen (z. B. Aufbau von Lösungskompetenz bei IT-Problemen durch Schulungen; Erlernen von Entspannungsmethoden oder Einführung von Angeboten zum Betriebssport).

Faktor A: Wie sähe eine ideale Umsetzung von Homeoffice in der Praxis für Sie aus?

Aldo Palkovich: Mobilarbeit sollte als flexible und ortsunabhängige Arbeitsform so gelebt werden, dass sie die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden unterstützt, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Pflege bzw. Privatleben fördert, die Teilhabe von Menschen mit Schwerbehinderung am Arbeitsleben verbessert sowie die Bindung an und die Attraktivität des Arbeitgebers steigert. Eine der größten Herausforderungen stellt hier die mögliche Entgrenzung der Arbeitszeit dar, sofern nicht mit geeigneten Mitteln gegengesteuert wird. Dafür braucht es klare Regelungen, wie z. B. eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung, mit der beide Seiten, d. h. Beschäftigte und Arbeitgeber, sicher fahren. Damit ist es leichter, sowohl dem Wunsch nach mehr Flexibilität und Eigenverantwortung der Beschäftigten bei der Gestaltung von Aufgaben und Arbeitsbedingungen nachzukommen als auch die betrieblichen Interessen zu wahren.

Hilfe, holt mich hier raus: 8 Tipps gegen den Homeoffice-Blues

Morgens einfach eine Stunde länger schlafen, weil der Arbeitsweg wegfällt. Ungeschminkt und unrasiert arbeiten, weil einen ja sowieso keiner sieht. Das Bett ist so gemütlich, der Weg zum „Büro“ ultrakurz – warum also überhaupt raus aus dem Pyjama? Strukturierter Raum, strukturierter Kopf: Ermuntern Sie Ihre Mitarbeitenden, sich auch zuhause eine feste Arbeitsecke einzurichten, um eine klare Linie zwischen Job und Freizeit zu ziehen. Nicht am Küchentisch, sondern ganz wie im Büro, mit Fotos von Familie, Freunden, Blumen oder ein wenig Grün für eine produktive und angenehme Arbeitsumgebung. Bei aller Flexibilität sollten Sie Beschäftigte dazu anregen, auch im Homeoffice, feste Arbeitszeiten und Pausen einzuhalten: Und nach Feierabend unbedingt Digital Detox! Diensthandy weg und Computer aus.

Ein Mann arbeitet im Homeoffice mit seinem Kind auf dem Schoß am Laptop.
Foto: Homeoffice mit Kind kann zur Herausforderung werden, @Adobe Stock/Marko Geber

Große Freiheit oder permanente Kontrolle und Selbstausbeutung? In der Remote-Arbeit kann sich schnell alles um den Job drehen. Digitales Arbeiten befördert generell ein Klima universeller Erreichbarkeit. Messenger-Dienste mit Anwesenheitsstatus, wie Skype for Business, verstärken dieses Gefühl. Zwar fallen zuhause bestimmte Ablenkungen weg, dennoch besteht auch dort Ablenkungspotenzial durch Familie & Co. Für eine gesunde Abgrenzung braucht es also klare Regeln und ein hohes Maß an Selbstmanagement. Das lässt sich schulen: via Trainings, Workshops, Vorträge, Seminare und Beratung. Insbesondere ein niederschwelliges arbeitspsychologisches Angebot, das anonym genutzt werden kann, ist für das emotionale und psychische Wohlbefinden hilfreich.

Entscheidend ist, dass Sie im Unternehmen aktiv eine gute Work-Life-Balance fördern und Ihre Mitarbeitenden im Homeoffice zu mehr Achtsamkeit ermutigen. Kommunizieren Sie aktiv bestehende Personalangebote und machen Sie diese sichtbar, etwa durch interne Newsletter oder virtuelle Informationsveranstaltungen. Leben Sie selbst eine gesunde Abgrenzung zwischen Privat- und Arbeitsleben vor. Und kommunizieren Sie unbedingt gegenseitige Erwartungen und Bedürfnisse! Weiter können Teamabsprachen und Routinen Ihren Beschäftigten helfen, ihre Ziele zu fokussieren und zu erreichen: Feste Zeiten für E-Mail-Checks und Co. sind eine Option. Regelmäßige Abstimmungstermine im Team, an die sich Phasen ungestörten, fokussierten Arbeitens anschließen, sind ebenso nützlich. Nur so lassen sich Überforderung, Stress und ein Ausbrennen präventiv vermeiden.

Eine Frau arbeitet in einem Coworking Space am Laptop.
Foto: Allein zuhause? Coworking Spaces bieten einen guten Ausgleich, @Adobe Stock/Alex from the Rock

Homeoffice bedeutet oft: mehr Sitzen, weniger Bewegen. Aber Bewegung ist der Energie-Booster schlechthin und setzt Glückshormone frei. Ein kurzes Workout, ein Spaziergang oder Tanzen zur Lieblingsmusik – regen Sie Ihre Beschäftigten an, sich auch im Homeoffice regelmäßig zu bewegen. Virtuelle Formate wie „Bewegte Pausen“ sind dafür geeignet. Oder wieso nicht einmal gemeinsam virtuell übers Handy verbunden in der Pause spazieren gehen? Frische Luft hellt die Stimmung auf und fördert die Konzentration. So hat der Homeoffice-Blues keine Chance!

Gesund und erfolgreich im Homeoffice, das geht nur mit der passenden Ausstattung. An den verfügbaren Räumlichkeiten Ihrer Beschäftigten können Sie schließlich wenig ändern. Eine funktionierende Technik garantiert hier die Verbindung zum Team. Ansonsten sind Stress und Frust vorprogrammiert. Ohnehin erhöht sich durch virtuelle Besprechungen die Gefahr einer „Zoom-Fatigue“. Dahinter steckt folgendes Phänomen: Durch fehlende nonverbale Signale, die erhöhte Aufmerksamkeit und das Gefühl vor der Kamera unter Dauerbeobachtung zu stehen, wird das Gehirn stärker belastet. Die resultierende emotionale Erschöpfung und Müdigkeit kann nicht nur die Zielerreichung beeinträchtigen. Laut Untersuchungen fühlen sich Betroffene isolierter und kündigen eher. Eine fehlende Ergonomie begünstigt zudem körperliche Beschwerden wie Verspannungen und Schmerzen am Bewegungsapparat. Als Arbeitgeber können Sie hier mit ergonomischen Möbeln, technischen Geräten oder finanziellen Zuschüssen abhelfen.

Aus dem Auge, aus dem Sinn. Homeoffice kann ein Karrierekiller sein! Laut Live Data Technologies wurden US-amerikanische Beschäftigte, die 2023 vollständig remote arbeiteten, 31 Prozent seltener befördert als ihre Bürogenossen. Bei Hybrid-Workern wurden nur 5,6 Prozent, von den reinen Remote Workern sogar nur 3,9 Prozent befördert. Leider setzen Führungskräfte Anwesenheit noch allzu oft mit Produktivität gleich. Dabei zeigen Studien , dass Menschen zuhause mindestens gleich viel leisten, bestimmte Arbeitstypen oft sogar viel mehr – bei weniger Krankentagen. Homeoffice sollte daher auf Vertrauen statt Kontrolle beruhen, Leistung sich an reinen Ergebnissen messen. Ratsam sind dazu regelmäßige Zielvereinbarungsgespräche und eine engmaschigere Leistungsbeurteilung – bestenfalls durch mehrere Personen.

Networking und Gespräche sind auch im Homeoffice das A und O! Ob Online-Events, Webinare, digitale Mittagessen oder Coffee Talks – für Unternehmen gibt es viele Optionen, den sozialen Austausch in der Belegschaft zu fördern. Das gilt besonders, wenn Sie vermehrt oder ausschließlich mobiles Arbeiten anbieten. Kurze Kommunikationswege wie Telefon oder Video-Chat helfen, Missverständnisse zu vermeiden und stärken die Verbundenheit. Weiter kann ein Tapetenwechsel Beschäftigten guttun: von Café, Bibliothek bis Coworking Space. Ansonsten tut es auch ein Zimmerwechsel, der Balkon oder Garten!

Eine Frau nimmt im Homeoffice an einem virtuellen Meeting teil.
Foto: Auch im Homeoffice sollte der kollegiale Austausch gepflegt werden, @Adobe Stock/Nattakorn

Zusammengehörigkeit ist im Homeoffice eine der größten Herausforderungen! Gemeinsame informelle Zeit, auch digital, stärkt das Wir-Gefühl und macht den Remote-Alltag leichter. Planen Sie dazu regelmäßig bewusst Zeit für den privaten Austausch ein, etwa am Ende eines Termins. Alternativ gehen zusätzliche Calls, bei denen Berufliches außen vor bleibt und es primär darum geht, zusammen Spaß zu haben. Wie wäre es z. B. mal mit einem Online-After-Work samt Happy Hour, gemeinsamen Quizzen oder einem Motto-Videocall? Lassen Sie Ihre Beschäftigten hier gerne auch eigene Ideen und Vorschläge einbringen.

Fazit

Die perfekte Homeoffice-Formel gibt es nicht. Richtig ist, was sich gut anfühlt. Und das sollten Beschäftigte im Rahmen ihrer Homeoffice-Regelung mit ihrem Betrieb abklären. Arbeitgeber können dabei Empfehlungen und Tipps geben. Für Führungskräfte gilt: Fördern und wertschätzen Sie diejenigen im Homeoffice genauso wie die in Präsenz. Zeigen Sie Verständnis für individuelle Arbeitsumstände! Achten Sie auf Verhaltensänderungen oder Leistungsabfall. Fragen Sie nach, bieten Sie Hilfe an! Das zeigt Interesse und Fürsorge und wirkt dem Homeoffice-Blues entgegen.

Zur Person

Aldo Palkovich ist Psychologe und arbeitet für den Berufspsychologischen Service der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Zudem ist er als approbierter Psychologischer Psychotherapeut mit Schwerpunkt Verhaltenstherapie in einer Praxis tätig. Aktuell absolviert er die Weiterbildung in Systemischer Therapie.

Der Berufspsychologische Service der Bundesagentur für Arbeit

Der Berufspsychologische Service (BPS) ist ein Fachdienst der Bundesagentur für Arbeit und bietet psychologische Dienstleistungen zu den Themen Ausbildung, Arbeit und berufliche Weiterentwicklung an. Mit über 400 Psychologinnen und Psychologen und insgesamt rund 1000 Beschäftigten ist er bundesweit in allen Agenturen für Arbeit vertreten. Eine der Aufgaben des BPS ist die Unterstützung des Arbeitgeber-Service der Bundesagentur für Arbeit bei der Vermittlung von geeigneten Fachkräften. Die Psychologinnen und Psychologen erarbeiten dazu bei Bedarf ein Anforderungsprofil der Arbeitsstelle und treffen eine Vorauswahl der Bewerberinnen und Bewerber unter Einsatz psychologischer Gesprächs- und Untersuchungsverfahren.

Wenden Sie sich bei Bedarf gerne an den Arbeitgeber-Service in Ihrer Agentur für Arbeit vor Ort oder unter der Telefonnummer 0800 4 555520 (gebührenfrei).


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